Ob im Management oder in der Marktforschung: Zahlen scheinen das Mass aller Dinge zu sein. Je messbarer, desto besser. Denn Zahlen lügen angeblich nicht. Sie sind exakt und gewichten stärker als jede subjektive Meinung. Wenn es um User Research geht, zeigen uns Zahlen allein jedoch nur das halbe Bild.

Starten wir mit einem Missverständnis: In der Marktforschung und bei User Research unterscheiden wir zwischen quantitativen und qualitativen Methoden. Die gängige Meinung ist, dass der Unterschied in der Anzahl Testpersonen liegt: qualitative Interviews mit 5 Personen versus einer quantitativen Umfrage mit 500 Personen. Das ist falsch.

Der Unterschied liegt nicht in der Menge, sondern in der Art der Daten, die gewonnen werden:

  • Quantitative Daten sind numerische Werte wie Anzahl oder Prozent.
  • Qualitative Daten sind Aussagen, Geschichten oder Wörter.

Schauen wir uns ein Beispiel an

Ein Spital will messen, wie es um die Kundenzufriedenheit steht. Dazu führt es den Net Promoter Score (NPS) ein. Eine Erhebungsmethode, mit der alle Patient*innen nach ihrer Behandlung per Bewertungsbogen befragt werden.

Stellen Sie sich vor, Sie hatten soeben eine unangenehme Operation. Danach erhalten Sie ein Formular mit folgender Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie unsere Behandlung eine*r Freund*in weiterempfehlen? Auf einer Skala von 0 bis 10.

Lassen wir den etwas befremdlichen Aspekt des Fragezeitpunktes aussen vor. Der NPS spuckt eine Zahl aus und nehmen wir an, diese fällt mittelmässig aus. Was lernt das Spital daraus? Vermutlich wird die Zahl in der Geschäftsleitung besprochen. Die eine Person meint, die Zahl müsse höher sein. Jemand anderes schlägt vor, die Zahl mit anderen Spitälern zu vergleichen. Eine dritte Person möchte den Wert monatlich erheben und parallel Massnahmen testen, um den Wert zu steigern.

Die Bedürfnisse, die Ängste, die Probleme finden wir nicht in Zahlen.

Das sind alles vernünftige Ideen. Jedoch wird das Spital weiterhin im Dunkeln tappen, warum es nicht gut abschneidet. Denn die Zahl verrät nicht, wie Patient*innen die Behandlungen erleben. Auch nicht, ob der Anmeldeprozess und die Entlassung gut verlaufen.

Ein scharfes Bild durch qualitative und quantitative Methoden

Die Bedürfnisse, die Ängste, die Probleme finden wir nicht in Zahlen. Es fehlen die qualitativen Erkenntnisse. Darum versuchen wir im User Research Team, jeweils qualitative und quantitative Methoden zu verbinden. Oder anders gesagt: Das Was-tun-Menschen mit dem Warum-tun-sie-es verbinden.

Bei einer Website könnte das ein Usability Testing, kombiniert mit Web Analytics und Recordings sein. Ein idealer Methodenmix und eine Triangulation – das Zusammenziehen von verschiedenen Research-Quellen. So entsteht ein scharfes Bild und eine solide Entscheidungsgrundlage.